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AutorenbildBirgit Schüler

Im Windschatten der Globalisierung

Aktualisiert: 11. Okt. 2022

Bei uns auf dem Hof leben alle möglichen Tiere. Nutztiere wie Schafe, Hühner, Kaninchen, Puten, Bienen. Haustiere wie Katzen und unser Hund. Und dann bevölkern noch allerlei Vögel, Fledermäuse, Igel, Käfer, Insekten etc. unsere Obstwiesen rund ums Haus. Ärger und Probleme bereiten uns jedoch seit geraumer Zeit einige zugereiste Tierchen, von denen ich die Worst 4 hier kurz vorstelle.

Grüne Reisewanze Nezara viridula auf Tomate Black Zebra
Grüne Reisewanze Nezara viridula auf Tomate

1. Reiswanze – Nezara viridula

Seit letztem Jahr ist bei uns die aus Ostafrika stammende Grüne Reiswanze Nezara viridula heimisch. Durch den grenzenlosen Warenhandel wird sie seit den 1970er Jahren weltweit verschleppt und kam irgendwann auch bei uns am Gaishof an. Die kälteempfindliche Wanze findet aufgrund der immer milderen Winter auch bei uns annehmbare Lebensbedingungen. Die Reiswanze und ihre Nymphen geht an so ziemlich alles, was einem im Garten lieb und teuer ist:

Beerenobst wird matschig und stinkt

Bohnen kringeln sich und wachsen ungleich

Paprika faulen an der Einstichstell

Am schlimmsten wüteten sie diesen Sommer in unseren Tomaten. An den Einstichstellen bilden sich weiße Flecken, die Tomaten entwickeln sich nicht mehr richtig, bekommen tiefe Risse und schmecken eklig.

Sogar in Kräutern wie Zitronenmelisse oder Basilikum halten sich die Wanzen auf.

Die natürlichen Gegenspieler dieser Wanze haben es bisher noch nicht in nennenswerter Zahl bis in unsere Breiten geschafft. Deshalb gehörte diesen Sommer neben dem Gießen nun auch noch das Aufspüren und Absammeln dieser Stinkviecher zu meinen täglichen Aufgaben.


2. KirschessigfliegeDrosophila suzukii

Die aus Südostasien stammende Kirschessigfliege Drosophila suzukii ist seit den 2010er Jahren in Ebringen beheimatet. Sie liebt besonders rote Früchte und sorgte zunächst vor allem in Spätburgunderanlagen für entsprechende Schäden. Wenn die äußeren Bedingungen stimmen, vermehrt sich rasant. Das Weibchen sägt die Haut reifender Früchte an und legt dort ihre Eier hinein. Bis zu 400 Eier kann ein Weibchen legen. Die KEF macht den Anbau von Bio-Kirschen nahezu unmöglich. Ein Einnetzen von Hochstammbäumen ist ohnehin nicht möglich. Und auch um Spalierobst zu schützen, müssten die Netze extrem feinmaschig sein. Dadurch würden die Bäume nicht mehr ausreichend belüftet, wodurch sich dann Pilzkrankheiten ausbreiten.

Dieses Jahr hatten unsere Kirschbäume einen sehr schönen Behang. Nach den Kirschen zum Einmachen wollte ich noch Brennkirschen ernten. Da diese aber möglichst süß und reif sein müssen, ließ ich sie eine Woche länger hängen. Als ich dann ans „Chreseginne“ gehen wollte, war im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr zu holen. Die KEF hatte es innerhalb weniger Tage geschafft, die komplette Ernte zu zerstören. Da ich nicht vorhabe, meine Hochstammkirschbäume mit Insektiziden zu behandeln, wird es also in der nächsten Zeit kein Kirschwasser geben.


3. VarroamilbeVarroa destructor

Die Varraomilbe Varroa destructor ist schon länger bei uns. Mit ihr hat sich schon mein imkernder Opa seit den 1980er Jahren herumgeärgert. Sie stammt aus Asien und wurde vermutlich mit gehandelten Bienenvölkern und Königinnen eingeschleppt. Die Milbe lebt parasitisch im Inneren der Bienenstöcke. Sie entwickeln sich in den Brutzellen der Bienen, wo sie sich von den Bienenlarven ernähren, diese schwer schädigen und auch Viren übertragen. Unsere westliche Honigbiene hat keine Abwehrmechanismen gegen die Milbe, sodass die Völker ohne entsprechend Behandlung eingehen.

Um die Milbe in Schach zu halten, müssen deshalb übers Jahr einige Maßnahmen ergriffen werden, die die Imkerei leider verkomplizieren. Im Frühjahr muss ich regelmäßig die Drohnenbrut entfernen. Da die Entwicklung der Drohnen länger als die der Bienen dauert, schlüpfen die Milben bevorzugt in die mit Drohnenbrut belegten Waben. Durch das Entfernen dieser Waben, lässt sich die Milbenpopulation begrenzen. Im Spätsommer nach dem letzten Schleudern entseuche ich die Völker dann mit Ameisensäure, die langsam in den Bienenkästen verdunstet und nur die Milben nicht aber die Bienen schädigen darf. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und natürlich die Menge der Ameisensäure müssen dabei exakt stimmen. Der Erfolg der Behandlung muss kontrolliert und die Entwicklung der Milbenpopulation ständig überwacht werden. Ein müsiges Geschäft, denn auch wenn man denkt alles richtig gemacht zu haben, kommt es vor, dass Völker im Winter einfach eingehen.


4. Walnussfruchtfliege – Rhagoletis completa

Die Walnussfruchtfliege Rhagoletis completa, die vor einigen Jahren aus Amerika zu uns eingewandert ist, legt ihre Eier in die noch grüne Schale der Nüsse. Dort entwickeln sich die Larven, woraufhin die Schale zu faulen beginnt, schwarz und matschig wird. Die eigentlichen Nüsse sind nicht mehr genießbar. 2021 hatten wir ein ganz schlimmes Jahr mit der Walnussfruchtfliege, da waren so gut wie alle Walnüsse ungenießbar.

Walnussfruchtfliegenfalle in Walnussbaum

Dieses Jahr habe ich für viel Geld spezielle Walnussfruchtfliegenfallen besorgt und in den Bäumen verteilt. Und – oh Wunder – es hat tatsächlich geholfen. Ich konnte bisher noch keinen nennenswerten Befall feststellen.


Ich könnte die Liste dieser invasiven Schädlinge noch weiter fortsetzen oder um neuartige Pilzkrankheiten und Virosen ergänzen, die im Windschatten der Globalisierung zu uns gekommen sind. Denn der grenzenlose Handel bringt nicht nur billige, unter fragwürdigen Bedingungen erzeugte Lebensmittel aus allen Teilen der Welt, sondern auch viele Schädlinge zu uns, an die unsere heimische Flora und Fauna nicht angepasst sind. Die Liste wird leider mit jedem Jahr länger.






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