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AutorenbildBirgit Schüler

Klein und fein: Unsere Hausbrennerei

Aktualisiert: 15. Dez. 2021


Einen Teil unseres Streuobstes veredeln wir in unserer Brennerei zu aromatischen Feinbränden. Daher richtet sich unser Sortiment an Schnäpsen und Likören auch nicht nach dem, was am Markt gerade „in“ ist, sondern danach, was auf unseren Streuobstwiesen, in unseren Reben und im Garten in ausreichender Menge und Qualität zur Reife gekommen ist. Momentan bieten wir Schwarzwälder Kirschwasser, Zwetschgenwasser, Obstbrand, Kräuter- und Weinhefebrand an.

Die rechtlichen Hintergründe

Die Früchte werden eingemaischt und vergoren. Bevor die Maische gebrannt werden darf, muss sie versteuert werden. Dabei teilt man dem Hauptzollamt Art und Menge der angesetzten Maische mit. Daraus wird die zu erwartende Alkoholausbeute berechnet, für die wir dann die Steuer bezahlen müssen. Je 100 l Kirschenmaische rechnet das Amt beispielsweise mit einer Alkoholausbeute von 5,9 Litern Reinalkohol, bei Apfel- und Birnenbrand nur mit 4,8 Litern. Waren die Früchte nicht süß genug, kann es also passieren, dass man mehr Alkohol versteuern muss, als man herausbekommt, und im Idealfall umgekehrt, dass man mehr Alkohol destillieren kann. Daher maischen wir auch nur dann Obst ein, wenn Menge und Qualität stimmen.



Im Jahr 2019 traf dies auf die Äpfel und Birnen am Gaishof zu. Normalerweise verarbeiten wir diese zu Apfelmost und Apfelsaft für den Eigenbedarf. Da jedoch vom Vorjahr noch genügend Most und Saft vorrätig war, und die Apfel- und Birnenblüte recht war, konnten wir ausreichend Material ernten, um zwei große Standen damit zu füllen und einen Obstbrand herzustellen.


Die Technik

Unsere Brennblase ist übrigens Baujahr 1927. Mein Urgroßvater Joseph hat sie ins damals neu errichtete Wasch-, Brenn- und Backhaus fest einmauern lassen – davor wurde mit einem einfachen Brenngeschirr im Keller des Wohnhauses gebrannt. Damals war die Anlage hochmodern – eine doppelwandige Kupferbrennblase, in der die Maische im Wasserbad erhitzt wird. Neueren Datums sind der Brennhut und der Edelstahlkühler.


Da die Anlage holzbefeuert ist und ohne jegliche Elektronik auskommt, erfordert die Bedienung zwar einiges an Erfahrung und Feingefühl, die Anlage ist dafür aber auch wenig reparaturanfällig.


So entsteht ein Obstbrand

Oftmals bildet Tafelobst zweiter und dritter Wahl aus Spalierobstanlagen oder aus unverkäuflicher Überproduktion die Grundlage für Obstbrände. Für unseren Obstler maischen wir jedoch ausschließlich Äpfel, Birnen und Quitten von unseren Hochstammbäumen am Gaishof ein. Alte Sorten wie Bonäpfel, Champagner Renette, Blenheimer, Schweizer Wasserbirne und Williamsbirne, die dem Brand ein viel intensiveres Aroma als die aufgepeppten Supermarktsorten verleihen.



Das Obst wird von Hand aufgesammelt, was eigentlich gar nicht so mühsam ist, wenn man körperliche Arbeit gewöhnt ist. Außerdem hat es den Vorteil, dass faule oder schlechte Früchte von vorneherein aussortiert werden können. Etwas mehr Kondition erfordert hingegen der Abtransport. Da der Gaishof nicht mit Traktoren befahren werden kann, ist hier Muskelkraft gefragt. Hat man genügend Obst beisammen, wird es gewaschen, im Muser zerkleinert und in große Fässer eingemaischt. Bis die Maische durchgegoren ist, kann es einige Wochen dauern.


Tag 1: Rohbrand

Nachdem der Brand beim Zoll angemeldet und die Steuer auf den zu erwartenden Alkohol entrichtet wurde, steht dem Rohbrand nichts mehr im Wege. Am Vortag wird das Brenngeschirr überprüft, alle Brennutensilien bereitgestellt und – ganz wichtig – das benötigte Holz vorbereitet.


Am Brenntag wird dann der Kessel befüllt und um Punkt 7 Uhr das Feuer darunter entfacht. Wichtig beim Rohbrennen ist es, den Vor- und Nachlauf sauber abzutrennen und nur den Mittellauf zu verwenden, der zusätzlich noch gefiltert wird, um Fuselöle zu eliminieren. Der Vor- und Nachlauf wird aber nicht weggeschüttet, sondern dem nächsten Brand wieder zugesetzt, wo er einfach nochmal mitgebrannt wird. Da unser Brenngeschirr keine Pumpe hat, muss der Brennkessel nach jedem Brand abgelassen und wieder neu befüllt werden. Daher kann so ein Brenntag schon mal von 7 bis 20 Uhr dauern. Am Ende des Tages hat man eine Guddere mit Vor- und Nachlauf und eine mit dem Mittellauf.


Tag 2: Feinbrand

Der zweite Brenntag ist kürzer. Im Fall unseres Obstlers hatten wir am Vortag 60 Liter Mittellauf mit 22 % Alkohol gewonnen, der nun nochmal gebrannt werden musste. Auch hier ist wieder wichtig, Vor- und Nachlauf sauber abzutrennen und das ganze bei möglichst konstanter Temperatur und nicht zu schnell zu brennen. Hieraus erhielten wir 13 Liter Feinbrand mit einem Alkoholgehalt von 69 %.

Dieser Feinbrand muss nun noch auf Trinkstärke verdünnt werden. Dazu verwenden wir aber kein Leitungswasser, sondern das besonders weiche Quellwasser vom #Gütlehof in St. Ulrich. Da unser Ebringer Leitungswasser einen zu hohen Kalkgehalt hat, würde nicht nur der Geschmack leiden, sondern es könnte auch zu Trübungen im Schnaps kommen. Wir haben unseren Obstler auf 43 % herabgesetzt und nochmals gefiltert. Die Gesamtausbeute: aus 332 Litern Obstmaische – 21,5 l Obstbrand.


Wieso kein Gin?

Ich werde öfters gefragt, ob wir auch Gin herstellen. Nein. Denn um einen Brand als Gin zu bezeichnen zu dürfen, muss der Methanolgehalt unter 5 g/hl Reinalkohol liegen. Ein solcher Wert lässt sich nur mit einer technisch sehr aufwändigen und dementsprechend teuren Destille erzielen, die sich die meisten Kleinbrenner nicht leisten können. Das ist jedoch nicht der einzige Grund, wieso die Destillation von Gin nichts mit einer traditionellen Kleinbrennerei zu tun hat. Denn während in den Hausbrennereien in der Regel selbst angebautes Obst verarbeitet wird, handelt es sich bei der Alkoholbasis für Gin um industriell erzeugten, geschmacksneutralen Agraralkohol. In diesem werden dann ein paar ausgesuchte Botanicals, vor allem Wachholderbeeren, mazeriert und anschließend destilliert. Oder die Alkoholdämpfe werden über die in Körben eingehängten Gewürze geleitet. Um die paar Gramm Geschmacksträger werden dann fantastische Stories und Legenden gesponnen. Mal geht es um auf dem Speicher gefundene Rezepte, um eine seltene sizilianische Pomeranzenart oder den Urgroßonkel, der einst in Macau eine Hafenkneipe betrieben hat. Die Hauptarbeit verrichtet hier nicht der Landwirt und Brenner, sondern das Marketing.

Was wir jedoch am Gaishof destillieren, ist eine Kräuterspirituose mit Wachholdernote. Die Alkoholbasis dafür stellen wir in unserer Brennerei selbst her.

Da in unsere Feinbrände nur der Mittellauf kommt, fallen bei jedem Brand Vor- und Nachlauf an, die wir in einem separaten Gefäß aufbewahren. Wenn sich genügend davon angesammelt hat, um die Brennblase zu füllen, entziehen wir diesem Alkohol durch Mischen mit Aktivkohle und anschließendem Filtern die Aromen. Dieser geschmacksneutrale Alkohol kommt nun zusammen mit einer ausgewogenen Gewürzmischung in die Brennblase und wird abermals destilliert. Auch hier werden wieder der Vor- und Nachlauf abgetrennt, der Mittellauf ist dann – nachdem er mit Quellwasser auf Trinkstärke gebracht ist – unsere Kräuterspirituose.


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